10. Oktober 2022

Toskana, die Erste: „Man muss reisen, um zu lernen“ 

Warum treffen sich ca. 40 Schüler und vier Lehrer an einem Sonntagabend in der Dunkelheit auf dem Parkplatz vor der Sporthalle? Nein, es geht nicht darum, sich geflissentlich auf eine neue Schulwoche vorzubereiten, sondern um eine Studienfahrt nach „Bella Italia“, dem Sehnsuchtsort der Deutschen, spätestens seit Goethes Italienreise. Zudem handelte es sich um eine Studienfahrt, frei nach dem bereits im Titel genannten Zitat Mark Twains: „Man muss reisen, um zu lernen!“ 

Die Leistungskurse Mathe, Geographie und Deutsch nahmen zur Erreichung dieses Ziels alle Mühen in Kauf. Selbst die nächtliche Busfahrt war kein Hindernis auf dem Weg in die Toskana. Als am Montagmorgen nach vielem Regen in der Nacht doch die Sonne durchbrach, befand man sich schon in Südtirol und fühlte sich durch die schneebedeckten Berge in eine andere Welt versetzt. Doch das Ziel – die Versilia-Küste – war noch einige Stunden entfernt. Am frühen Nachmittag erreichten wir ausgelaugt von der mehr oder weniger schlaflosen Nacht das Hotel, das uns mit einem Schild „Man spricht Deutsch“ begrüßte. Deutsch sprach allerdings nur der Google-Übersetzer, aber irgendwie wurden nach einem sprachlichen Mix aus Deutsch, Englisch und Italienisch und eben der Hilfe von Google die Zimmer verteilt, der Strand begutachtet und die Gegend wahrgenommen.  

Schon früh am nächsten Morgen hieß es allerdings, wieder den Bus zu besteigen, um das kulturelle Highlight der Toskana, Florenz zu besichtigen. Eine Stadtführerin, die vor 50 Jahren vom Westfälischen nach Florenz gezogen war, zeigte uns eine kleine Auswahl der zahlreichen Sehenswürdigkeiten der Stadt und erklärte anschaulich mit kleinen Anekdoten, was sich hinter der ein oder anderen Sehenswürdigkeit verbarg: von der Franziskaner-Kirche, welche die Gräber solcher Persönlichkeiten wie Galilei oder Michelangelo beherbergt, über das Standbild des ins Exil nach Ravenna verstoßenen Dichters Dante bis hin zum Dom mit seinem überragenden Kuppelbau, der zu den größten Kirchen der Welt gehört. Am späten Nachmittag verließen wir die Renaissance-Stadt wieder in dem Wissen, nur einen Bruchteil der Kunstschätze gesehen zu haben.  

Stand am Dienstag die Kultur im Mittelpunkt, war es am Mittwoch die Natur. Geplant war eine Schiffstour zu den Cinque Terre, Bergdörfern an der Westküste Italiens, die über Straßen kaum zu erreichen sind und zum Weltkulturerbe gehören. Leider war die See an diesem Tag so stürmisch, dass wir nur bis Porto Venere kamen. Eine spontane Bergbesteigung durfte manchem noch lange in Erinnerung bleiben. Oder um es mit Dante zu sagen: „Das Gesicht verrät die Stimmung des Herzens.“ Uns wurde jedenfalls ein wunderschöner Blick über die Küste mit seinen alten Festungsanlagen geboten. Nach dieser Wanderung stärkten wir uns mit den kulinarischen Köstlichkeiten in Porto Venere, ehe es mit dem Schiff zurück nach La Spezia ging.  

Neben den kulturell-historisch und geographischen Schwerpunkten, welche diese Reise bot, durften auch physikalische Erkenntnisse nicht fehlen, welche die Schüler in einem selbstgestalteten und unfreiwilligen Experiment durchführten. Die Fragestellung lag dabei darin, was passiert, wenn man die Tür einer Duschkabine bei stürmischem Wetter auf den Balkon stellt. Das Ergebnis des Experimentes: die Tür wird zum Flugobjekt und kann eine nachteilige Wirkung auf parkende Autos haben.  

Unser letzter Studientag führte uns dann in die Tiefe, in die Grotta del Vento. Diese Tropfstein-Höhle führt tief in den Berg hinein. Mittels einer Führung wurden uns die Geheimnisse dieser Welt unter dem Berg erklärt, die erst im 19. Jahrhundert entdeckt worden ist. 

Am Abend ließen wir die Studienfahrt bei einem gemeinsamen Essen im benachbarten Viareggio ausklingen, ehe wir uns am Vormittag auf eine schier nie enden wollende Rückfahrt nach Düsseldorf begaben. Erschöpft, aber einigermaßen heil erreichten wir um kurz nach 8 Uhr morgens nach 20 Stunden Fahrt den Parkplatz vor dem Castello, den Ausgangspunkt unserer Toskana-Reise. 

Peter Lindhorst